Beitrag aus der Zeitung
veröffentlich in der b-Zeitung
Vitamin C – mehr als nur ein Immunsystem-Booster und warum unser Körper es unbedingt benötigt
Ob in Orangen, Paprika oder Hagebuttentee, Vitamin C ist allgegenwärtig, doch was steckt eigentlich hinter diesem vielseitigen Mikronährstoff, der längst als Wundermittel für das Immunsystem gilt? Vitamin C, chemisch auch als Ascorbinsäure bekannt, ist weit mehr als nur ein Immun-Booster und spielt im menschlichen Körper eine ganz zentrale Rolle. Es gehört zu den essenziellen, wasserlöslichen Vitaminen, das heißt, unser Körper ist nicht in der Lage, es selbst herstellen. Es muss demzufolge über die Nahrung oder in Form von Ergänzungsmitteln zugeführt werden. Gerade in Zeiten von Superfood-Hypes und Vitamin-Pillen, in denen häufig wenig differenziert und teuer Präparate beworben werden (im Übrigen unterliegen Nahrungsergänzungsmittel keinerlei Kontrollen bezüglich der Inhaltsstoffe) lohnt sich ein genauerer Blick: Wie viel Vitamin C brauchen wir wirklich, woher bekommen wir es, was passiert, wenn es uns fehlt, und warum wird es noch immer unterschätzt? In diesem Artikel versuche ich Ihnen Antworten auf diese Fragen zu geben.
Vitamin C erfüllt im menschlichen Körper zahlreiche lebenswichtige Funktionen. Dabei wirkt es nicht nur als klassisches „Erkältungsvitamin“, sondern ist an einer Vielzahl biochemischer Prozesse beteiligt.
Eine der bekanntesten Aufgaben ist seine Funktion als Antioxidans. Es schützt unsere Körperzellen vor sogenannten freien Radikalen, das sind aggressive Sauerstoffverbindungen, die zum Beispiel durch Umweltbelastungen, UV-Strahlung, Stress oder andere Ursachen entstehen. Diese freien Radikale können Zellstrukturen schädigen und man vermutet, dass sie an Alterungsprozessen und der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs beteiligt sind. Vitamin C wirkt diesen entgegen und kann die Zellgesundheit nachweislich stärken.
Vitamin C ist ein wichtiger Partner des Immunsystems. Es steigert die Aktivität von weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, welche Krankheitserreger erkennen und bekämpfen. Außerdem fördert es die Bildung von Antikörpern und unterstützt die Kommunikation zwischen den Immunzellen. Eine ausreichende Vitamin-C-Zufuhr schützt nicht generell vor Erkältungen, kann aber dafür sorgen, dass Infektionen milder verlaufen und schneller abklingen.
Weniger bekannt, aber ebenso wichtig ist die Rolle bei der Synthese von Kollagen, einem körpereigenen Strukturprotein. Kollagen ist verantwortlich für die Festigkeit und Elastizität von Haut, Blutgefäßen, Knochen, Knorpel, Sehnen und Zähnen. Ohne ausreichend Vitamin C werden diese Strukturen geschwächt. In der Geschichte ist dies eindrucksvoll belegt. Bei Skorbut, einer Krankheit, die durch einen schweren Vitamin-C-Mangel verursacht wird, treten unter anderem Zahnfleischbluten, schlechte Wundheilung und Gelenkschmerzen auf, weil die Kollagenbildung massiv gestört ist.
Durch seine unterstützende Wirkung auf das Bindegewebe trägt Vitamin C ebenso maßgeblich zur Wundheilung bei. Es hilft bei der Neubildung von Gewebe und wirkt gleichzeitig entzündungshemmend. Besonders bei Verletzungen, Operationen oder chronischen Wunden ist eine gute Versorgung mit Vitamin C von Vorteil. In den letzten Jahren hat Vitamin C sogar auf der Intensivstation und im Operationsaal deutlich an Bedeutung gewonnen, da die Wundheilung postoperativ nachweislich positiv beeinflusst wird.
Vitamin C verbessert außerdem die Aufnahme von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln im Darm. Dies ist besonders für Menschen wichtig, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Eisen aus pflanzlichen Quellen wird vom Körper schlechter aufgenommen als aus tierischen Produkten, in Kombination mit Vitamin C steigt die Bioverfügbarkeit jedoch deutlich.
Frische und rohe Lebensmittel bieten den höchsten Vitamin-C-Gehalt, längere Kochprozesse und hohe Temperaturen verringern ihn dagegen. Hagebutten, Kiwi, Erdbeeren und Zitrusfrüchte, rote Paprika, Kresse, Brokkoli, Kohl und Petersilie sind sehr gute pflanzliche Vitamin C Lieferanten.
Doch welche Mengen an Vitamin C sind erforderlich? Der tägliche Bedarf hängt sehr von Alter, Geschlecht, Lebensstil und besonderen Umständen wie Schwangerschaft oder Krankheit ab. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt ca. 90 bis 150 mg/Tag, das verhindert jedoch nur einen Mangel. Die Orthomolekularmedizin arbeitet dagegen mit präventiven Dosierungen von 500 bis 2000 mg/Tag und in akuten Fällen, wie Infekten, Stress oder Krankheiten bis 10 g/ Tag, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Der Körper kann jedoch nur eine begrenzte Menge Vitamin C über den Darm aufnehmen. Bei oralen Dosen über 500 mg wird die Resorptionsrate stark reduziert, das heißt, nur ein Teil kann verwertet werden, der Rest wird über den Urin ausgeschieden. Ab Dosierungen von 2 g täglich kann es zu Durchfall oder Magenschmerzen kommen, Da dennoch häufig hohe Dosierungen erforderlich sind, werden diese intravenös, also in Form von Infusionen verabreicht. Menschen mit Nierensteinen, hochgradiger Nierenschwäche, Eisenspeicherkrankheit oder einem selten auftretenden Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G6PD-Mangel) dürfen keine hohen Vitamin C-Dosierungen oder -Infusionen erhalten. Deshalb sollte die Zufuhr unbedingt unter ärztlicher Kontrolle und erst nach einer Laboranalyse, die einen Enzymmangel ausschließt, erfolgen.
Hohe Dosierungen sind zum Beispiel indiziert im akuten Infekt oder bei chronischen Krankheiten wie Rheuma oder M. Parkinson, bei vermehrtem Stress, Erschöpfung oder Depression, vor Operationen zur Verbesserung der Wundheilung oder während der Gabe von adjuvanter Chemotherapie bei Krebserkrankungen.
Warum wird die Notwendigkeit von Vitamin C immer noch unterschätzt? Häufig wird angenommen, dass eine ausgewogene Ernährung alle nötigen Nährstoffe liefert und daher die Zufuhr von Vitamin C als nicht notwendig erachtet. Studien geben inzwischen deutliche Hinweise auf gesundheitliche Vorteile durch eine optimale Versorgung mit Vitamin C. Dennoch spielt es in der klassischen Schulmedizin meist immer noch eine untergeordnete Rolle und die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen solche Therapien nicht. Bisher hat die Pharmaindustrie leider nur sehr wenig in die Forschung zu naturheilkundlichen Präparaten investiert. Insgesamt ist dadurch die Forschung zur Vitamin-C-Therapie noch nicht umfassend genug, es fehlen langfristige randomisierte kontrollierte Studien mit hohen Teilnehmerzahlen.
Die Orthomolekularmedizin zeigt uns, wie wichtig die gezielte Zufuhr von Vitaminen und Nährstoffen für unsere Gesundheit ist. Besonders Vitamin C spielt hier eine zentrale Rolle, da es nicht nur das Immunsystem stärkt, sondern auch die Zellregeneration unterstützt und antioxidativ wirkt. Durch die richtige Dosierung kann Vitamin C als kraftvoller Verbündeter in der Prävention und Behandlung vieler Beschwerden dienen, unseren Körper optimal unterstützen und unser Wohlbefinden nachhaltig fördern.
Ihre Dr. med. Grit Schlesiger
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